Die "Apparate", von denen mein Großvater schreibt: Feldposttelefone. Hiervon und von den Leitungen, die er verlegt, wird noch viel zu lesen sein. |
Donnerstag, 1. Oktober
Vormittags 12:00 - 3:00 Stationsdienst.
Morgens war die Leitung nach Lulwalki gestört. Ich ritt mit Pigbold gegen 7:00
ab. Nach 6 KM war der Fehler beseitigt. Trafen dort mit dem anderen
Untersuchungstrupp zusammen. Wir beide ritten dann nach Luwalki, um endlich
wieder mal Postsachen zu empfangen. Ich hatte ziemlich viel dabei. Dann ging es
zurück nach Zubryn, wo wir ziemlich naß ankamen.
Die Sache hier oben fängt an mulmig zu
werden. Nachmittags mußte Station Slobodka ausrücken, bedrängt von russischer
Kavallerie.
Freitag, 2. Oktober
Gegen 6:00 hieß es plötzlich abrücken. Wir
bauten erst die Leitung vom Chausseehaus nach Zubrin ab, dann marschierten wir
nach Zuwalki. Hier lagen wir im Gouvernementsgebäude. Ankunft nach 2.00 nachts.
Sonnabend, 3. Oktober
Gegen 4:00 ging es weiter. Bitterkalt war
uns, wir froren tüchtig bei dem nasskalten Wetter. Als unser Leutnant sagte,
wir sollten die am Weg entlang führende Telegraphenleitung zerstören, war alles
sofort dabei und bald waren über 80 Stangen umgehauen. Weiter ging es dann nach
Filepowo, kamen dort gegen Mittag an und konnten uns Quartier suchen.
Sonntag, 4. Oktober
Nachtsüber war ich als Untersuchungstrupp
bestimmt. Wurde gegen 2:00 geweckt. Da angeblich die Leitung nach der ersten
Infanteriedivision gestört sei. Als ich nach Station kam, war alles in Ordnung
und ich konnte mich wieder schlafen legen. Nachmittags 2:00 - 6:00 wieder als
Untersuchungstrupp bestimmt. Unser Leutnant heute das Eiserne Kreuz erhalten.
Montag, 5. Oktober
Immer noch schlechtes Wetter. Heute konnten
wir von unserer Station Zeitungen erhalten, ziemlich neue. Sogar vom 3. Oktober. Erfahren dadurch von den Taten des V.9.
Dienstag, 6. Oktober
Das Wetter scheint besser zu werden, es
regnet nicht mehr. Aber über den Marktplatz in Filipowo zu gelangen ist ein
Kunststück. In Richtung auf Zuwalki Kanonendonner hörbar. Auch Gefangene werden
gebracht. 1.400 sollen es sein. Abends von 6:00 - 10:00 Stationsdienst.
Mittwoch, 7. Oktober
Morgens 6:00 - 10:00 Stationsdienst. Der
Kanonendonner in Richtung Zuwalki ist heute besonders lebhaft. Wir aber liegen
ruhig in unserem Quartier und schlafen.
Donnerstag, 8. Oktober
Liegen noch immer unbekümmert im Quartier.
Freitag, 9. Oktober
Vormittags 6:00 - 10:00 Stationsdienst. Unsere
Artillerie ballert nun seit vier Tagen unaufhörlich, die Fensterscheiben
klirren fortwährend, trotzdem die Artillerie noch weit außerhalb des Ortes
liegt.
Sonnabend, 10. Oktober
Früh kommt plötzlich der Befehl 7:30
marschbereit sein. Um 8:00 gings nach Garbas. Von hier Leitungsbau nach
Borawsken, ein deutscher Grenzort. Trafen hier das erste Mal wieder Zug Keil
und ein Zug von der Fernsprechabteilung 17. AK. Hierbei auch etliche frühere
Kameraden vom Telegraphenbataillon 1. Gleich beim Überschreiten der Grenze
merkte man, dass wir uns einem deutschen Dorfe näherten. Die Häuser alle
freundlich aussehend, meistens auch mit Ziegeln gedeckt und sauber. Wir
schliefen in der Scheune eines Besitzers Regutski Großborawsken. Am Ausgang des
Ortes, schon auf russischem Boden, stand unsere Artillerie und feuerte
unaufhörlich in die russischen Stellungen.
Sonntag, 11. Oktober
Vormittags halb zwei bis 6:00 hatte ich
Stationsdienst. Da wir mittags kein Fleisch hatten, fingen wir ein russisches
Rind (1 Jahr) und schlachteten es. Danach wurde es mit unserem Quartierswirt
geteilt.
Montag, 12. Oktober
Von 6:00 - 11:00 Stationsdienst. Die Artillerie
feuert noch, sonst ist alles ruhig. Heute vormittag wurde Post abgeholt von
Garbas. Ich weiß nicht wie es kam, dass ich mich diesmal nicht darauf freute.
Es war gewissermaßen eine dumpfe Vorahnung. Wurde mir doch gleich zweimal
mitgeteilt, dass Georg Jahn bei Verdun gefallen sei. Der erste aus meiner
Verwandtschaft und aus dem Verein. Ich war den ganzen Tag niedergeschlagen.
Auch als die anderen Kameraden am Abend zwei Achtel Bier besorgt hatten, konnte
ich mich nicht erheitern.
Von 9:00 - ½ 2.00 wieder Stationsdienst.
Von 9:00 - ½ 2.00 wieder Stationsdienst.
Georg Jahn, links an der Säge knieend |
Das Grab von Georg Jahn in der Nähe von Verdun. Er wurde 22 Jahre alt. |
Dienstag, 12. Oktober
Vormittags mussten wir unsere Leitung
hochlegen und die Stangen dazu requirieren (5 KM nach Garbas). Gegen 2:00 kamen
wir völlig durchnäßt in unser Quartier an.
Mittwoch, 14. Oktober
Vormittags 6:00 - 11:00 Stationsdienst. Es
regnet noch ab und zu.
Donnerstag, 15. Oktober
Heute ist wieder schönes Wetter. Mittags
wurden Kartoffelpuffer gebacken. Von 11:00 - 4:00 Stationsdienst. Abends wurde
ein Achtel Bier geleert.
Freitag, 16. Oktober
Herrliches Wetter heute. Nachmittags
4:00 - 9:00 Stationsdienst. Erfahren dabei, dass Ostende und Gent von unseren
Truppen besetzt ist.
Sonnabend, 17. Oktober
Alles beim Alten. Nachts von 9:00 abends bis
morgens 6:00 Stationsdienst.
Sonntag, 18. Oktober
Bis mittags schlief ich. Nachmittags erhielt
ich Zeitungen vom 11. und 12.10. Erfahre dadurch Näheres über den Fall
Antwerpens.
Montag, 19. Oktober
Vormittags 6:00 - 11:00 Stationsdienst. Nachts
machten die Russen einen Angriff bei Ringen, wurden aber abgeschlagen.
Nachmittags empfing ich Postsachen, auch von Ch. Bürger und E. Lehmann und E.
Staack. Wollen mir Pulswärmer schicken. Hätte dann glücklicherweise vier Paar.
Ob mein Blut so kalt ist?
Dienstag, 20. Oktober
Nachmittags 4:00 - 9:00 Stationsdienst.
Vormittags nach Garbas gefahren, wollte Fleisch besorgen. Abends wurde wieder
ein Achtel Bier geleert.
Mittwoch, 21. Oktober
Heute früh ritten wir nach Filipowo. Holten
Post und rechneten mit dem Leutnant ab. Ich gab einen Wertbrief nach Zuhause
mit 26 Mark auf.
Donnerstag, 22. Oktober
Vormittags 6:00 - 11:00 Stationsdienst.
Nachmittags erfahren wir, dass 25 Zentimeter Mörser ankommen sollen. Abends
wurde wieder ein Achtel geleert.
Freitag, 23. Oktober
Heute morgen ertönten die großen Mörser. Ich
empfing wieder Post, auch von Lentz und Tante Emilie, die mir Handschuhe
sandte. Heute empfing Kamerad Latt plötzlich Besuch, indem seine Frau mit einem
Verwandten unerwartet zu Besuch kam. Auch schlachteten wir heute zum ersten Mal
ein Schwein. Nachts von 9:00 abends bis morgens um 6:00 Stationsdienst.
Sonnabend, 24. Oktober
Heute wurde das Generalkommando von Filipowo
nach hier verlegt und unsere Station umgebaut. 12:00 - 4:00 nachmittags
Stationsdienst.
Sonntag, 25. Oktober
Seit gestern ist das Gefecht hier im Gange.
Beim Stationsdienst nachmittags 7:00 - 12:00 erfuhr ich, dass ca.1.000 Gefangene
gemacht sind. Heute wurde Wurst gemacht und abends wieder ein Achtel geleert.
Segadlo hat heute Geburtstag.
Montag, 26. Oktober
Immer noch Gefecht. Fortwährend wieder
Gefangene. Nachmittags 12:00 - 4:00 Stationsdienst und nachts 12:00 - 8:00 morgens.
Erhielt heute eine Karte von der Vereinsturnfahrt V.T.V. . Mache heute die
überraschende Entdeckung, dass wir alle verlaust sind. Wahrscheinlich schon aus
Filipowo. Glücklicherweise nicht stark. Uns wurden Gegenmittel morgens gleich
angewendet.
Dienstag, 27. Oktober
Nachmittags 4:00 - 7:00 Stationsdienst. Heute
den Körper mit Benzin abgewaschen und die Wäsche gewechselt. In der Nacht
versuchte der Russe einen Durchbruch, wurde abgeschlagen.
Mittwoch, 28. Oktober
Heute ist ziemlich starker Nebel und deshalb
wenig Kanonendonner. Vormittags 8:00 - 12:00 und nachts 12:00 - 8:00 morgens
Stationsdienst.
Donnerstag, 29. Oktober
Nachmittags von 4:00 - 7:00 Stationsdienst.
Erhielt heute Post auch von Herrn L. Müller. Als ich zur Station ging, traf ich
Karl Schwarz, Marschkompagnie, Infanterieregiment 45.
Freitag, 30. Oktober
Heute morgen musste ich mit Timm nach
Bakalarzewo, um hier die Station zu besetzen und Apparate zu reparieren.
Sonnabend, 31. Oktober
Vormittags bauten wir, auch der Leutnant und
ein Unteroffizier, eine Leitung zum permanenten Gestänge zum Generalkommando.
Der Ort hier liegt voll Verwundeten und fortwährend kommen neue. Auch Tote
sieht man oft zu den Massengräbern transportieren. Die Einwohner sind alle
geflüchtet.
Um dieses Gebiet herum fanden die Schlachten im Oktober 1914 statt, von denen mein Großvater hier berichtet.
Um dieses Gebiet herum fanden die Schlachten im Oktober 1914 statt, von denen mein Großvater hier berichtet.
Quelle: Diercke Schulatlas, Georg Westermann Verlag 1975 | . |
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