31. August 2014

November 1914

Im November legte mein Großvater über 300 km zurück, auf dem Gebiet des heutigen Polen und Litauen. Ein paar Orte aus den ersten zwei Wochen sind auf dieser Karte zu gekennzeichnet.


Sonntag, 1. November
Ich sitze immer noch in der Stube und repariere Apparate. Abends ritt ich nach Borawskin, um Postsachen zu holen.

Montag, 2. November
Vormittags 3:00 - 7:00 Stationsdienst. Nachmittags kommt plötzlich der Befehl zum Abrücken. Ich fuhr mit Thimm zurück nach Borawskin zu unserem Trupp und um ½ 8 abends begannen wir mit dem Abbau der Leitung über Garbas nach Filipowo. Es war ziemlich kalt, glücklicherweise aber Mondschein. Gegen 3:00 früh waren wir fertig mit dem Abbau und fuhren weiter nach Mierunsken.

Dienstag, 3. November
Gegen 7:00 morgens fuhren wir weiter nach Rowalen. Standen hier eine ganze Zeit herum. Dann zurück nach Buttken zu nachmittags, besetzen wir Station erste Infanteriedivision. Stationsdienst von 12:00 - 4:00 nachmittags.

Mittwoch, 4. November
Früh 12:00 - 6:00 Stationsdienst, desgleichen nachmittags 2:00 - 6:00. Hier sagte mir der Leutnant, ich sollte zum Vorratswagen, hatte aber noch nicht viel Lust dazu. Ist auch noch nicht bestimmt.

Donnerstag, 5. November
Vormittags 11:00 - 2:00 nachmittags Stationsdienst. Gegen 12:00 kam der Befehl marschbereit zu sein. Blieben aber bis abends und bauten dann die Leitungen nach Gartenberg (2 KM) ab. Nach Rückkehr blieben wir im Gutshaus. Drei Pakete von Tante Emilie und andere Briefe erhalten.

Freitag, 6. November
½  4.00 morgens Abbau in Richtung Lehnarten (3 KM). Scheußliche Arbeit in der ½ Dunkelheit. Von Buttken ging es dann über Kowalen nach Goldap. Ankunft gegen 10:00. Konnten uns hier Wein und andere Sachen besorgen. Nach 2:00 rückten wir ab und fuhren über Klein-Rominten (Groß-Rominten) nach Tollmingkehmen, dieselbe Straße, die wir Anfang September gefahren waren. Konnten hier die Verwüstungen alle nochmals sehen. Die Fahrt war höchst unangenehm, insbesondere die Kälte und nachher in der Dunkelheit. Die anderen Marschkolonnen waren schuld daran. In Tollmingkehmen blieben wir über Nacht, tranken aber erst noch etliche Flaschen Wein.

Sonnabend, 7. November
Um 7:00 antreten, sollte zum Vorratswagen kommen. Nach Besprechung mit dem Leutnant blieb ich bei meinem Trupp.

Sonntag, 8. November
Liegen noch hier in Tollmingkehmen. Morgens 4:00 - 8:00 hatte ich Stationsdienst.

Montag, 9. November
Um 8:00 ließ uns der Leutnant antreten und teilte uns mit, dass er zum Generalkommando käme und Wachtmeister Knigge den Zug übernehme. Er hatte kaum angefangen, als kurz hinter uns unerwartet eine feindliche Schrappnells einschlugen. Noch etliche schlugen dann über das Gut, richteten aber keinen Schaden an. Nachmittags Abmarsch nach Erziehungsanstalt Bethanien, von hier Leitungsbau nach Serguhnen (7 KM) zum Infanterieregiment 45.

Dienstag, 10. November
Vormittags 7:00- 11:00 hatte ich Stationsdienst. Danach hielt ich endlich wieder mal große Reinigung ab und konnte auch neue Wäsche anziehen, nachdem ich noch alles mit Insektenpulver eingerieben hatte.

Mittwoch, 11. November
Morgens ½ 7:00 Abbau der Leitung bis Krugilluschönen. Weitermarsch nach Gockeln. Hier blieben wir eine ganze Zeit. Dann weiter nach Walterkemen. Nach kurzem Weitermarsch nach Pillkallen. Im Gut Quartier. 

Quartier in Dobrowolsk (Pillkallen), dann ging es weiter bis nach Ryn (Rhein).

Donnerstag, 12. November
Liegen hier und haben mit dem ganzen Zug Stationsbesetzung beim Generalkommando. Heute endlich mein Paket vom 9.10. erhalten, allerdings ziemlich zerdrückt. Aber doch noch alles brauchbar. Apparate repariert.

Freitag, 13. November
½ 8:00 morgens Abmarsch nach Buylien. Dort beim Generalkommando geblieben. Traf heute Kamerad Schock FE.A.17 A.K.. Abends 8.00 – 10 ½ Wache. Heute wieder über 1000 Gefangene und 3 Maschinengewehre gemacht. Nachts hatten wir das zweifelhafte Vergnügen, mit über 250 gefangenen Russen auf unserem Boden zusammen zu schlafen.

Sonnabend, 14. November
Suchten uns heute Quartier in den Lusthäusern, konnte hier wieder mal meine Post erledigen, gleich gründlich, 9 Briefe.

Sonntag, 15. November
Nachts 1:00 wurden wir geweckt und uns mitgeteilt, dass wir ¾ 5:00 marschbereit zum Bau sein müssten. Dann schliefen wir noch bis gegen 4:00. Der Anfang des Baus verzögerte sich etwas wegen der herrschenden Dunkelheit. Wir bauten die Leitung nach Norgallen, von wo Trupp Guse weiter nach Nennersdorf baute. Länge unser Leitung 6 KM. Da wir größtenteils durch Wald bauten und schöne Bäume hatten, ging es ziemlich flott und um ½ 9:00 waren wir fertig. Da wir die Fertigstellung der Leitung von Trupp Guse abwarten mussten, blieben wir in einem Gutshause. Unser Warten wurde aber belohnt, denn wir entdeckten auf dem Boden ein Lager Äpfel und bald waren unsere Taschen gefüllt. Gegen ½ 12.00 fuhren wir nach Buylin zurück, Ankunft ½ 1:00. Abends von 4:00 - 8:00 Stationsdienst. Erfuhr hierbei, dass ca. 3.000 Gefangene und 4 Maschinengewehre heute gemacht sind. Trotzdem soll morgen rückwärts gegangen werden in die vom A.O.K. bestimmten Stellungen. 

A.O.K.: Im Herr des deutschen Kaiserreichs existierten als Kommandobehörden oberhalb der Armeekorps die Armee-Inspektionen (zuletzt Nr. I bis VIII), die im Ersten Weltkrieg in „Armee-Oberkommandos“ umgewandelt/umbenannt wurden. 
http://de.wikipedia.org/wiki/Armee_%28Deutsches_Kaiserreich%29

Montag, 16. November
Morgens Abmarsch nach Großwilken (Generalkommando).

Dienstag, 17. November
Nachmittags 4:00 - 8:00 hatte ich Stationsdienst. Erfahren heute, dass Hindenburg 30.000 Gefangene gemacht hat und 80 Maschinengewehre.

Mittwoch, 18. November
Heute über Nacht fiel der erste Schnee. Allerdings auf den Straßen wurde er bald zum größten Matsch. Gegen 8:00 morgens musste unser Trupp plötzlich abrücken, nach Ruttkuhnen. Von hier Leitungsbau nach Wilkoschen (Gut). Scheußlich, in dem Dreck die 3 KM zu bauen. Meinen Karabiner in K. stehen gelassen. Nachts Stationsdienst, bekamen hier ein halben 1/4 Liter Bier vom Stabsarzt.

Donnerstag, 19. November
Heute alles ruhig.

Freitag, 20. November
Über Nacht kam plötzlich der Befehl zum Abrücken. Früh 5:00 begannen wir mit dem Abbau nach Ruttkuhnen, danach Marsch über Nennersdorf, Lovehnen nach Trempa. Im Gut blieben wir über Nacht (Schneewetter).

Sonnabend, 21. November
Früh 5:00 ging es weiter über Angerburg nach Drangfurth. Kamen durchgefroren abends hier an (35 KM) und suchten uns Quartier.

Sonntag, 22. November
Früh 5:30 gings wieder weiter nach Rastenburg (20 KM). Schlechte Fahrt, da die Chaussee mit Glatteis überzogen war. Jeden Augenblick stürzten Pferde oder ein Wagen schleuderte gegen einen Baum. Gegen 11:00 langten wir in Rastenburg an. Im Gestütshof blieben wir, konnten bis ½ 1:00 in die Stadt gehen. Danach wurde Kabel umgetrommelt. Um 6:00 hieß es nun „Hierbleiben, Quartier suchen“. In einer leer stehenden Stube verbrachten wir die Nacht auf den Brettern der Bettstellen liegend. Vorher waren wir noch mal in die Stadt gegangen, um einige Schoppen zu genehmigen.

Montag, 23. November
Früh 8:00 marschierten wir ab nach Glombowen (20 KM). Blieben hier einige Zeit. Unser Trupp machte dann nach dem nahen Gut Reichenhof. Das Permanentgestänge hierhin wurde ausgebessert und Station errichtet. Quartier ist hier sehr schlecht in einer Instmannwohnung. 

Link: Instmann

Dienstag, 24. November
Besetzen hier Station. Da nur Offiziere der zweiten Staffel hier sind, ist fast gar kein Betrieb.

Mittwoch, 25. November
Heute Nachmittag ritten wir nach Rhein. Ließen Pferde beschlagen und tranken inzwischen etliche Glas Bier.

Donnerstag, 26. November
Heute rückten die Offiziere nach Rhein ab. Wir blieben hier. Erhielt von Anna Schilling Zigarren geschickt.

Freitag, 27. November
Heute Vormittag machten auch wir nach Rhein. Besetzten hier einen Stationsapparat und schlafen auch im selben Hause (neugebautes Hotel).

Sonnabend, 28. November
Heute ein denkwürdiger Tag. Seit vier Monaten das erste Mal wieder gebadet im Baderaum des Gefängnisses. Überhaupt heute ganz gut gelebt. Butter und Wurst war da. Mittags gabs tadellosen Schweinebraten. Nachmittags kochte ich mir Kakao. Abends empfing ich Post. Zwei Pakete von zu Hause, ein Paket vom Verein, ein Paket mit sonstigen Liebesgaben.

Sonntag, 29. November
Vormittags von 6:00 - 12:00 hatte ich Stationsdienst. Ließ mich etwas vertreten und ging mit einigen Kameraden zur Kirche. Abends machten wir eine ordentliche Bierreise. Wären dabei bald mit Unteroffizieren vom Jägerbataillon zusammengeraten.

Montag, 30. November
Vormittags ½ 10:00 ritten wir aus, Pferde bewegen, bis nach Mnierczeiewen (8 KM). Rückkehr kurz nach 12:00. Nachmittags Stationsdienst 12:00 - 6:00.

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