9. Oktober 2014

Februar 1915

Bereits im September 1914 fiel der Freund meines Großvaters, Georg Jahn, in Frankreich. Noch im Schützengraben wurde er in einen Zinksarg gelegt und in der Nähe beigesetzt. Sein Vater, Samuel Jahn fuhr im Februar nach Verdun, ließ seinen Sohn exhumieren, identifizierte ihn und brachte ihn dann (mit einem zweiten Zinksarg darüber) per Bahn nach Berlin. Hier wurde Georg am 17. Februar 1915 auf dem Friedhof der St. Georgen Gemeinde an der Landsberger Allee beigesetzt.
Georg Jahn lebte vom 28. März 1892 bis zum 28. September 1914.

Einige Monate später erhielt die Familie dieses Gedenkblatt. Heute wirkt es fast zynisch, damals war es vielleicht sogar ein Trost. Georgs Schwester (die spätere Frau meines Großvaters) bewahrte die Dokumente auf, sie sind bis heute in unserer Familie als Original vorhanden.









































































Montag, 1. Februar
Vormittags Reiten. Stürzte beim Springen mit meinem Gaul. Im Anschluß am Reiten gingen wir zum Bierfreund, um Diverse zu genehmigen. Von heute bis zum 8. gehen kaum Postsachen. Abends waren wir am Bahnhof. Als Guse und ich nach Hause gehen wollten, wurde plötzlich Feuer geläutet. Es brannte in einer Schlosserei am See. Die Feuerspritzen wurden auf den zugefrorenen See gefahren und nach langen Bemühen gaben dieselben endlich Wasser. Gegen 12:00 Uhr nachts war alles gelöscht. Die Fabrik aber ziemlich ausgebrannt.

Dienstag, 2. Februar
Vormittags Reiten. Es scheint jetzt so, als ob wir bald weiterrücken werden.

Mittwoch, 3. Februar
Bin heute nicht beim Reiten gewesen, da Stiefel beim Schuster. Oberleutnant heute wieder zur 2. Infanterie Division abgefahren. Leutnant Bornhäuser soll wieder zu unserem Zug kommen.

Donnerstag, 4. Februar
Heute Abend kamen die nach Lötzen Abkommandierten zurück.

Freitag, 5. Februar
Vormittags Reiten (ins Gelände). Mittags kam plötzlich der Befehl, daß Guse und ich mit unseren Trupps abrücken sollen. Da die Zeit sehr knapp war, konnten wir nicht viel Abschied nehmen. (Witwe Homm, Em. Olschewski ) Um 2:00 Uhr Antreten. Kurz darauf Abmarsch über Salza, Königshöhe. Hinter diesem Ort blieb mein Wagen und der Vorratswagen stecken, im tiefen Schnee. Den Vorratswagen bekamen wir schließlich rückwärts nach Königshöhe. Bei meinem Wagen waren alle Versuche vergeblich, die Pferde zogen nicht mehr. Zuletzt wurde auch noch die Deichsel abgebrochen. Guse kam durch und fuhr mit dem Leutnant nach Baranowen. Ich ritt in der Nacht um 12:00 Uhr nach Salza, um den Befehl vom Leutnant abzuholen. Kehrte von dort gegen 2:00 Uhr Morgens zurück.

Sonnabend, 6. Februar
Früh 6:00 Uhr zuerst Einsetzen einer neuen Deichsel. Der Wagen mußte auseinander genommen werden und so konnten wir ihn endlich nach Königshöhe
schaffen. Von hier fuhren wir über Groß Jauer, Züdnochen, Faczen nach Baranowen. Kamen gegen 12:00 Uhr dort an und sahen, daß die Division schon abgerückt ist. Nach kurzer Mittagsrast ging es durch den Wald, dabei oft stecken bleibend, nach Peitschendorf. Traf hier den Leutnant, welcher uns schon verloren glaubte. Ich fuhr mit dem Leutnant im Auto nach Alt Ukta, während die Wagen nachkamen, was gegen 12:00 Uhr nachts geschah.

Sonntag, 7. Februar
Früh 8:00 Uhr Abmarsch nach Rudczanny, kamen aber sehr schlecht durch, da die 21 cm Mörser die ganze Straße versperrten. Nachmittags ging es weiter in Richtung Johannisburg. Mußten hier die vom Trupp Guse auf die Erde gelegte Leitung hochlegen, bis zur Gefechtsstation der 2. Infanterie Division, ungefähr 3 KM vor Snopken. Die Nacht mußten wir im Freien kampieren, unterm Zelt, froren schauderhaft. Kaffee wurde von Schnee gekocht. Das Gefecht war ziemlich lebhaft und es wurden über 500 Gefangene gemacht.

Diese Schlacht beschreibt mein Großvater im Folgenden: .wikipedia: Winterschlacht_in_Masuren

Montag, 8. Februar
Früh 7:00 Uhr begann das Gefecht. Mit Siebert war ich beim Stab der 2. Infanterie Division, die Trupps vorn bei der Brigade hatten den ganzen Tag nichts zu essen.
Sah früh die 21 cm Mörser auffahren, jedoch kamen dieselben nicht zum Schuß. Mittags war Johannisburg genommen. Abends bezogen wir mit der Division Quartier in Snopken. Der Russe hatte große Verluste. 10 Offiziere, 2600 Mann, 
8 Geschütze und 16 Maschinengewehre sowie viel Kriegsmaterial fielen in unsere Hände.

Dienstag, 9. Februar
Der Divisionsstab rückte vormittags ab. Nachdem die Station abgebaut war, ritten Siebert und ich zu unseren Trupp nach Johannisburg. Unterwegs konnten wir das ganze Schlachtfeld übersehen. Deutlich konnte man die Toten liegen sehen, auf dem weißen Boden. Abends war die Leitung nach Rudczany gestört. Der Leitungstrupp fand die Störung erst nicht (Ahsmann und Bree). Nachts 12:00 Uhr ging ich mit Faltin und Bree los. Am Markt war das Kabel gerissen, aber Verständigung immer noch nicht. Unter öfteren Aufhalten kamen wir durch Snopken zum Rudczaner Forst.
Hier waren uns 2 ½ KM Kabel herausgeschnitten und verschleppt worden. Schalteten uns an das permanente Gestänge nach Rudczany an und holten von dem übrig bleibenden Kabel soviel, um vom permanenten Gestänge bis zum Kabelende die Leitung wieder herstellen zu können. Sehr mühevolle Arbeit. Gegen ½ 11 Uhr langten wir endlich in Johannisburg wieder an, natürlich totmüde.

Mittwoch, 10. Februar
Gegen Abend verlegten wir die Station nach der Post.

Donnerstag, 11. Februar
Die Leitung nach Ruden ist gestört, vormittags. Strutz und Bree als Leitungstrupp kehren zurück, ohne die Leitung in Ordnung zu haben. Dann ritt ich mit, über Babrosten, Kallischken nach Ruden. Hier war inzwischen die Station aufgehoben worden. Ritten deshalb nach Johannisburg zurück. Abends übernahm A.T.A. die Station.

Freitag, 12. Februar
Marschierte Vormittags 8.00 Uhr mit meinem Trupp von Johannisburg ab, über Bialla, Drygallen, Monetken nach Sdeden zur 2. Infanterie Division. Ankunft abends gegen 7.00 Uhr.

Sonnabend, 12. Februar
Vormittags Abmarsch mit der Division nach Mostolten, von hier Leitungsbau nach Monken. Hier stand unsere Artillerie (mehrere Batterien). Das Gefecht war im lebhaften Gange. Wir bauten vor zum Brigadestab. Hier konnte man das Einschlagen der russischen Granaten beobachten, welche glücklicher Weise 100 bis 200 m zu kurz gingen. Gegen Abend war die Leitung nach Mostolten gestört. Mit Faltin und Hessel ging ich los. Die ganze Nacht hindurch dauerte die Arbeit. Die Artillerie, deren Wagen die kleinen Bäumchen alle umrissen, zerstörte uns fortwährend das Kabel.

Sonntag, 14. Februar
Müde und matt langten wir gegen ½ 9 Uhr von Leitungspatrouille zurück in Mostolten an. Bald darauf ritt ich wieder los, mit Ahsmann, gleichzeitig gingen zwei Mann fort, die Leitung zu verbessern. Von Mostolten ritten und fuhren wir dann alle nach Montken zurück. Die Division war inzwischen abgerückt und wir sollen morgen weiter nach Lyck.

Montag, 15. Februar
Warteten bis Mittag, da kam Jäntsch mit drei Mann von rückwärtigen Stationen. Zusammen marschierten wir dann nach Lyck, welches ziemlich zerschossen ist. Trafen hier die anderen Trupps vom Zuge. Erst sollten wir weiter, blieben jedoch und Trupp Czimmeck mußte fort.

Dienstag, 16. Februar
Früh 2:00 Uhr mussten wir plötzlich abrücken. Fuhren über Lentken, Gollupken nach Dluggen. Hier mit Leutnant Bornhäuser weiter über Kallinowen – Alt Czimocken – Prawdzisken. Sollten erst hier bleiben, mussten aber weiter. In dem furchtbaren Boden zogen meine Pferde nicht mehr. Der Leutnant ließ das Schimmelgespann von Guse nachkommen und mit diesen ging es über die russische Grenze durch Rutki nach Jeziorki. Unzählige Male in dem aufgeweichten Boden stecken bleibend, dazu die vielen tiefen Löcher. In Jeziorki angelangt, waren wir natürlich sehr müde und verbrachten die erste Nacht wieder auf russischem Boden.

Mittwoch, 17. Februar
Früh 8:00 Uhr Abmarsch nach Zarnowo. Von hier Leitungsbau nach Augustowo.
Überall marschierten Kolonnen. Bäume waren nicht vorhanden. Wir legten deshalb das Kabel quer über die überschwemmten Wiesen. In Augustowo angekommen, war keine Verständigung. Es mußte eine Leitungspatrouille weg, welche das Kabel dicht bei Zarnowo durchfahren fand. In Augustowo bauten wir noch einen Anschluß vom Generalkommando zur 2. Infanterie Division. 
Donnerstag, 18. Februar
Erst hieß es, wir bleiben heute hier, aber bald kam ein anderer Befehl. Um 1:00 Uhr marschierte mein Trupp ab und Trupp Czimmeck sollte bauen in Richtung Lipsk. Marschierte erst einen falschen Weg, bis nach Buitobrzege (5 KM), kehrte dann um und dann den richtigen Weg bis hinter der Bahnüberführung 9 KM östlich Augustowo. Von hier bauten wir nach Gruzki, 13 KM. Früh gegen 2:00 Uhr waren wir endlich fertig und suchten uns Quartier in einer Scheune. Gegen 4:00 Uhr kamen wir endlich zum Schlafen.

Freitag,19. Februar
Schliefen alle bis gegen 10:00 Uhr. Abends dann Czimmeck auf Station abgelöst. In der Nacht kam der Leutnant und brachte neues Kabel mit. Früh 6:00 Uhr ging es fort. Marsch nach Lipsk. Die Leute mussten 1 KM bis zur Chaussee gehen, da das Auto auf dem Landwege nicht durchkam. An Schlafen war diese Nacht überhaupt nicht zu denken, jeden Augenblick kamen Infanterie und Artillerie, welche Quartier suchten.

Sonnabend,20. Februar
Früh 6:00 Uhr Abmarsch nach Lipsk. Von hier Leitungsbau in Richtung Kurjanki. Von hier hatte Czimmeck entgegengebaut. Wurden beim Bau stark beschossen, Granaten- und Schrappnellfeuer. Als wir nach Lipsk zurückkamen, war die Leitung entzwei geschossen. Dicht bei der Kirche. Nachmittags war die Leitung nochmals gestört.

Sonntag, 21. Februar
Früh 7:00 Uhr war die Leitung gestört und ein Leitungstrupp ging fort. Vormittags und nachmittags von russischer Artillerie stark beschossen. Nachmittags 2:00 Uhr wieder Leitung gestört.

Montag, 22. Februar
Wieder etliche Leitungsstörungen. Nachmittags erhielten wir Post, dieselbe war schon ziemlich lange unterwegs. Auch die so lange erwarteten Sporen trafen endlich ein.

Dienstag, 23. Februar
Habe heute starke Kopfschmerzen und fühle mich auch sonst nicht wohl, liege den ganzen Tag lang. Die Russen schießen ganz doll hierher.

Mittwoch, 24. Februar
Heute etwas besser auf dem Posten, wenn auch noch nicht ganz gesund. Früh gegen 5:00 Uhr schoß die russische Artillerie schon dicht neben unser Wohnhaus, sowie neben der Station platzen die Geschosse. Ritt abends mit Strutz nach Kurjanki, holte Rum ab und tauschte mein Reitpferd um.

Donnerstag, 25. Februar
Ritt vormittags mit Pigard nach Kurjanki, tauschte das schwarze Vorderpferd gegen einen Braunen um.

Freitag, 26. Februar
Vormittags 9:00 Uhr kam plötzlich Befehl Abzurücken nach Kurjanki. Ließ drei Mann in Lipsk. Suchten uns hier Quartier.

Sonnabend, 27. Februar
Morgens 4:00 Uhr mussten Schmidt und Faltin nach Robschany. Habe jetzt noch zwei Mann vom Trupp hier. Gegen Mittag rückte der Divisionsstab und Leutnant Bornhäuser mit Trupp Guse und Vorratswagen nach Skiblewo. Die Station sollte von Artillerie besetzt werden und ich mit den zwei Mann als Leitungstrupp hier bleiben.

Sonntag, 28. Februar
Morgens kam plötzlich der Leutnant an und machte Krach, das niemand auf Station ist. Die Artillerie war abgerückt und wir lagen ruhig im Quartier. Nachmittags wurde die Station umgebaut zu Oberst von Sydow (Abschnittskommandeur).
Abends Leitungspatrouille zum Regiment 33.



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