3. Juli 2017

Januar 1917




Montag, 1. Januar 1917
Ein neues Jahr ist nun angebrochen. Wieder müssen wir es im Kriege und im Feindesland begehen. Möge es das letzte Mal sein und das nächste Neujahrsfest uns wieder in Frieden vereinen.
Persönlich bin ich ja noch krank, wenigstens was meine Hände betrifft und einige Zeit wird wohl vergehen, ehe dieselben in Ordnung sind. Vom Fieber aber schon frei, gedachte ich heute aus dem Revier entlassen zu werden. Aber der Stabsarzt kam nicht zur Visite. Hat wahrscheinlich auch zu sehr Neujahr gefeiert. Stand aber trotzdem auf und war fast den ganzen Tag bei meinem Trupp.

Dienstag, 2. Januar
Meinen heutigen Geburtstag so gut wie gar nicht gefeiert. Wurde aus dem Revier entlassen, nur meine Hände sind noch nicht gut. Versuchten nachmittags das erste Mal Kuchen zu backen. Geriet ganz gut.

Mittwoch, 3. Januar
Heute kamen schon Fernsprecher der 12. Infanterie Division an, welche uns hier ablösen.

Donnerstag, 4. Januar
Nachmittags setzte ein ziemlich starker Sturm mit Schneetreiben ein. Hoffentlich macht er uns nicht noch in letzter Stunde unangenehmen Schaden.

Freitag, 5. Januar
Mittags übernahmen die Fernsprecher der 12. Infanterie Division unsere Station.

Sonnabend, 6. Januar
Übergaben heute noch das übrige Material an die Fernsprecher der 12. Infanterie Division.

Sonntag, 7. Januar
Mittags wurden unsere Fahrzeuge nach Jelowka gebracht und morgen früh sollen wir verladen werden. Bald wurde dies aber geändert und es hieß, erst nachmittags 5:00 Uhr verladebereit zu sein. Um 6:15 Uhr marschierten wir endlich von Komarischki ab, nach Jelowka. Bis 10:50 Uhr mußten wir hier warten, ehe wir mit dem Verladen beginnen konnten. Als wir endlich soweit waren, erhielten wir zu wenig Eisenbahnwagen, so daß unsere Bauwagen auseinandergeprotzt und so dicht wie möglich, verladen wurden. Auch mit den Pferden war es das gleiche. Statt sechs waren in jedem Wagen sieben oder acht, ja sogar neun Pferde. Fertig mit dem Verladen, warteten wir auf einem anderen Gleise auf die Abfahrt, als mit einemmal ein russischer Flieger erschien und uns mit Bomben bewarf. Glücklicherweise traf er aber nichts. Es verlautet übrigens, daß unser Reiseziel geändert sei.   
Statt Frankreich, sollen wir Mitau als Reiseziel haben, da dort oben der Russe in unsere Stellungen eingedrungen sein soll.

Montag, 8. Januar
Nach 2:00 Uhr früh fuhren wir von Jelowka ab, über Radziwilischki–Schaulen und waren 9:00 Uhr abends in Mitau. Hier wurde alles ausgeladen und kurz nach 11:00 Uhr marschierten wir durch Mitau nach dem Rittergut Paulsgnade, hier Quartier beziehend.

Dienstag, 9. Januar
Blieben heute in Paulsgnade. Mittags baute ich mit meinem Trupp einen Teilnehmeranschluß für die Fernsprechzüge.

Mittwoch, 10. Januar
Vormittags 6:00 Uhr marschierten wir ab, über den Aa nach Elisenhof, wo wir Quartier bezogen und die Station für den Divisionsstab besetzten.

Donnerstag, 11. Januar
Die Station wurde umgebaut in einen kleinen Raum, welcher wohl früher als Rumpelkammer gedient hatte. Müssen den ganzen Tag darin Licht brennen.

Freitag, 12. Januar
Baute vormittags mit ein paar Mann eine Kabeldoppelleitung nach Wolgund, circa 2 KM. Mußten in den gefrorenen Boden Stangen setzen. Stellenweise lag der Schnee so hoch und lose, daß wir bis übers Knie, ja bis ans Gesäß einsanken.

Sonnabend, 13. Januar
Vormittags erfuhren wir, daß es in dem nahen Klivenhof Bier gäbe. Wir sandten von jedem Trupp einen Mann hin und jeder brachte glücklicherweise ein Achtel an. Nachmittags kam von „Kofe 8“ der Befehl, zwei ältere Unteroffiziere zur Fernsprech Ersatz Abteilung 6 nach Verden an der Aller abzugeben. Sergeant Balzer und ich sollen nun fort. Da wir nun Bier hatten, konnten wir gleich Abschied feiern.

Sonntag, 14. Januar
Vormittags kam Balzer mit seinem Trupp an. Gegen 2 ¼ Uhr nachmittags fuhren wir dann vom Elisenhof ab und waren gegen 4:00 Uhr in Mitau. Nachdem wir unser Gepäck abgegeben hatten, mußten wir uns zuerst „entlausen“ lassen, um den Entlausungsschein wenigstens zu haben. Gingen darnach ins Soldatenheim, etwas essen und trinken, und begaben uns wieder zum Bahnhof, wo wir 7:50 Uhr nachmittags abfuhren.

Montag, 15. Januar
War zu Anfang unser Wagenabteil wenigstens etwas warm, so war doch bald davon nichts mehr zu merken. Ganz durchfroren langten wir dann mit über einer Stunde Verspätung auf dem Alexanderplatz um 9:20 Uhr nachmittags an. Nachdem wir mit unserem Gepäck alles erledigt hatten, fuhr ich nach Hause. Mutter war nicht schlecht erstaunt, als ich gegen 11:00 Uhr plötzlich ankam.

Dienstag, 16. Januar
Machte im Laufe des Tages verschiedene Besuche. Erich Gottschalk war auch gerade auf Urlaub. Abends 7:18 Uhr traf ich mich mit Balzer auf dem Lehrter Bahnhof und wir fuhren in Richtung Hannover ab.

Mittwoch, 17. Januar
Nach 2:00 Uhr in Hannover angelangt, mußten wir bis nach 4:00 Uhr warten und konnten dann mit dem Bremer Zug weiterfahren, um kurz nach 7:00 Uhr in Verden anzukommen. Nachdem wir uns erst auf dem Bahnhof etwas gestärkt hatten, ging es zur Kaserne. Wurden in Bürgerquartier einquartiert und ich kam zu Wedekamp, Brunnenweg 14. Nachmittags ¾ 2 Uhr war antreten und ich wurde mit mehreren Unteroffizieren zu einem in Kirchlinteln befindlichen Doppelzuge eingeteilt. Balzer kam nach Hannover zum Rekruten ausbilden. Mußte nun mein Quartier wieder verlassen und um ½ 5 Uhr marschierten wir ab nach Kirchlinteln, welches circa 6 KM von Verden entfernt liegt. Kam auch hier in Bürgerquartier, mit einem Unteroffizier zusammen. Müssen auch zusammen in einem Bett schlafen. 

So sieht der Brunnenweg 14 in Kirchlinteln heute aus.

Donnerstag, 18. Januar
Mein Schlafkollege, Unteroffizier Tepper, quartierte sich heute wo anders ein, so daß ich in meinem Quartier allein bin.

Freitag, 19. Januar
Dienst scheint furchtbar wenig hier zu sein. Den ganzen Tag muß man sich herumdrücken. Zum Spazierengehen ist es zu kalt und im Erholungsheim ist es auch nicht besonders warm.

Sonnabend, 20. Januar
Nachmittags marschierten wir mit den Telegraphisten nach Verden zum Löhnungsempfang, Mußten hier ziemlich lange warten und um ½ 8 Uhr waren wir wieder in Kirchlinteln.
Heimaturlaub, den wir eingereicht hatten, haben wir nicht erhalten. Vorläufig abwarten. Wie lange, steht nicht fest. Vielleicht sind wir inzwischen wieder im Felde.

Sonntag, 21. Januar
Vormittags bis 11:00 Uhr geschlafen, gefrühstückt, dann gut Mittag gegessen. Nachmittags Briefe geschrieben, Kaffee getrunken, Abendbrot gegessen. Dann von ½ 8 Uhr bis kurz vor
12:00 Uhr nachts im Erholungsheim gesessen, mit Unteroffizieren Tepper und Lütters, immer ein Bier und ein Schnaps nach dem anderen getrunken, dann endlich schlafen gegangen und der Sonntag war herumgebracht. So muß man hier die Zeit verbringen, bald noch langweiliger als in Russland.

Montag, 22. Januar
Die Telegraphisten mußten vormittags nach Verden, zum Mantel verpassen. Wird höchste Zeit, daß dieselben ausgegeben werden, denn bei der jetzigen Kälte ist es ohne Mantel gar nicht auszuhalten, hatten wir doch heut Morgen 12 Grad Kälte.
     
Dienstag, 23. Januar
Nachmittags marschierte ich mit den Telegraphisten nach Verden, zum Stiefelempfang. Ging in Verden mit Unteroffizier Lütters noch ein bißchen Konditern.

Mittwoch, 24. Januar
Vormittags zum Übungsplatz marschiert, da das Depot geschlossen war, wurde mit den Telegraphisten exerziert. Nachmittags wieder Ausmarsch ins Gelände.

Donnerstag, 25. Januar
Nichts Besonderes.

Freitag, 26. Januar
Vormittags mit den Telegraphisten wieder zum Übungsplatz gewesen und exerziert.

Sonnabend, 27. Januar
Nachmittags mit Unteroffizier Albrecht und Tepper nach Verden gegangen. Dort im Viktoria Haus beim Konzert, einen Schoppen nach den anderen geleert und gegen 12:00 Uhr nachts auf den Weg nach Hause, d.h. nach Kirchlinteln gemacht, wo wir um 1:00 Uhr eintrafen.

Sonntag, 28. Januar
Abends war hier im Erholungsheim eine kleine Kaiser Geburtstagsfeier mit Vorträgen von den Schulkindern des Ortes. Die Aufführungen waren sehr nett und ein ganz gemütlicher Abend kam zustande.

Montag, 29. Januar
Erhielt heute früh einen Brief mit der Nachricht, vom Hinscheiden meiner Tante Emilie. Mittags kam auch noch ein Telegramm. War schmerzlich überrascht davon, da ich sie bei meiner Durchreise durch Berlin vor zehn Tagen, noch wohl und munter antraf. Versuchte nun Urlaub, zu dem morgigen Begräbnis zu bekommen. Wurde mir aber vom Hauptmann abgelehnt, da der Tod einer Tante kein dringender Grund wäre und Urlaub nur in dringenden Fällen erteilt werden darf, um die Bahnen möglichst wenig zu benutzen.

Dienstag, 30. Januar
Heut ist nun das Begräbnis von Tante Emilie. Die letzte Ehre kann ich ihr leider nicht erweisen, aber meine Gedanken weilen bei ihr.   

Mittwoch, 31. Januar
Großmutter feiert heute ihren 80. Geburtstag.

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