Frankreich, 23.12.1917
Lieber Herr Jahn!
Wünsche Ihnen und Ihrer Familie ein recht frohes Weihnachtsfest und
gleichzeitig ein glückliches Neues Jahr, welches hoffentlich das
Friedensjahr wird.
Mit vielen Grüßen
Fritz Schilling
Sonnabend 1. Dezember 1917
Mit dreizehn Mann war ich zur Höhe 130. Zehn
Mann hoben den Kabelgraben weiter aus, während ich mit drei Mann die im Graben
befindlichen Steine, sprengte.
Sonntag, 2. Dezember
Vormittags war nur Appell, sonst dienstfrei.
Montag, 3. Dezember
War heute mit vierzehn Mann zum Ausheben des
Kabelgrabens auf Höhe 130.
Über Nacht hatte es gefroren und hielt die
Kälte den ganzen Tag an. Entschieden angenehmer, als das Matschwetter der
letzten Tage.
Amtlich kam die Nachricht von den teilweisen
Waffenstillständen an der Ostfront und dem Eintreffen einer russischen Gesandtschaft,
zwecks Anbahnung eines allgemeinen Waffenstillstandes. Hoffentlich wird nun der
Frieden wenigstens mit den Russen kommen, dann werden die anderen wohl folgen
müssen.
Dienstag, 4. Dezember
War wieder zum Ausheben des Kabelgrabens. Auf
dem Rückwege ging ich über Chalandry, zum Pionierpark.
Mittwoch, 5. Dezember
Fuhr per Rad über Barenton sur Serre nach
Barenton Cel. zum Arendtgraben. Müssen hier eine Chaussee kreuzen und dieselbe
wahrscheinlich durch einen Stollen unterminieren. Auf dem Rückwege über
Chalandry erkundigte ich mich beim Pionierpark nach Miniergerät und kann
solches auch bekommen.
Donnerstag, 6. Dezember
War wieder per Rad zum Arendtgraben bei
Barenton Cel.
Freitag, 7. Dezember
War auch heute wieder zum Arendtgraben
hinausgefahren.
Sonnabend, 8. Dezember
Die letzten vier Tage hatten wir schon
starken Frost gehabt. Diese Nacht ist das Wetter wieder umgeschlagen und es
regnete so langsam den ganzen Tag über, so daß ich mir den Weg nach Barenton
sparte.
Sonntag, 9. Dezember
Vormittags war Appell und nachmittags
Kirchgang. War zum Leutnant wegen Urlaub, jedoch werde ich vor Weihnachten wohl
keinen bekommen und mit dem Besuch von Grete Bürgers Hochzeit ist dann auch
nichts.
Montag, 10. Dezember
Im Arendtgraben verlegte ich weiterhin Kabel
(90 Meter). Sind jetzt bis zur Strasse Barenton sur Serre – Barenton Cel.
Dieselbe soll durch einen Stollen gekreuzt werden.
Dienstag, 11. Dezember
War wieder zum Arendtgraben, wo die Russen
mit dem Stollenbau begannen, aber erst einen Rahmen auf jeder Seite setzten.
Mittwoch, 12. Dezember
Auf dem Rade wieder zum Arendtgraben
hinausgefahren. Die Russen setzen jetzt zwei Rahmen täglich in den Stollen. Von
jeder Seite, also im Ganzen vier Rahmen.
Donnerstag, 13. Dezember
Auch heute war ich mit dem Rade nach Barenton
Cel. Es ist jetzt wieder etwas wärmer und sobald die Strassen aufgetaut sind,
ist es beinahe ausgeschlossen zu fahren.
Freitag, 14. Dezember
War heute Unteroffizier vom Dienst und blieb
zu Hause.
Sonnabend, 15. Dezember
Ging heute zu Fuß nach dem Arendtgraben.
Grete Bürger hat heute Hochzeit. Schade, daß
ich dazu keinen Urlaub bekommen konnte. Nachmittags nach Cressy baden gewesen.
Sonntag, 16. Dezember
Vormittags Appell mit Gasmasken und
Durchsicht der Quartiere, sonst dienstfrei.
Montag, 17. Dezember
Über Nacht war zum ersten Male in diesem
Winter Schnee gefallen und da es genügend kalt war, löste er sich nicht in
Wohlgefallen auf, sondern blieb liegen. Ging früh nach Cressy, dann über
Chalandry nach Barenton Cel zum Arendtgraben und von hier über Barenton sur
Serre nach Mortiers zurück. Leutnant von Lehmann ist heute nach Marle
kommandiert, zur Vertretung von Leutnant Herz.
Dienstag, 18. Dezember
War zum Kabelgraben nach Barrenton Cel.
Mittwoch, 19. Dezember
Ging heute wieder zum Kabelgraben hinaus. Da
die Gegend zwischen Barenton sur Serre und Barenton Cel. bis nach Chalandry
wegen Scharfschießen der Maschinengewehre und Minenwerfer gesperrt war, mußte
ich über Verneuil bis kurz vor Barenton – Bugny gehen, um nach Überschreiten
des dort befindlichen Sumpfes, zum Arendtgraben zu gelangen. Die Russen waren
wegen dem Schießen aber schon fort und ich konnte deshalb gleich nach Mortiers
zurückkehren. Konnte von Verneuil bis Mortiers einen Güterzug benutzen.
Donnerstag, 20. Dezember
Vormittags war ich nach Cressy, wollte
Photoplatten holen und nachmittags zum gleichen Zweck nach Erlon. Leider konnte
ich keine bekommen.
Freitag, 21. Dezember
Verlegte heute mit drei Mann Bleikabel in den
Arendtgraben (40 Meter). Nachmittags war Löhnung und es gab zum ersten Male die
erhöhte Löhnung, für mich als Unteroffizier sechzehn Mark.
Sonnabend, 22. Dezember
Verlegte heute wieder Bleikabel (110 Meter).
Sonntag, 23. Dezember
Vormittags war Appell und nachmittags in der
Kirche eine kleine Weihnachtsandacht.
Montag, 24. Dezember
Als Unteroffizier vom Dienst blieb ich heute
zu Hause.
Abends war dann unsere gemeinsame
Weihnachtsfeier des Doppelzuges 611. Vom Lazarett war uns eine Baracke zur
Verfügung gestellt worden und wurde diese recht schön ausgeschmückt. Bei Grog
und Bier und unter abwechselnden Vorträgen, verliefen die Stunden äußerst
schnell. Die Liebesgaben aus der Heimat waren ja nicht mehr so, wie in den
früheren Jahren, immerhin doch noch ganz nett. Gegen 3:00 Uhr morgens,
erreichte die Feier erst ihr Ende. Abends hatte es in unserer Kirche
Heringssalat gegeben.
Dienstag, 25. Dezember
Standen heute fast alle sehr spät auf. Nach
der gestrigen Feier mußte man sich auch etwas ausschlafen. Nachmittags war noch
Kirchgang.
Mittwoch, 26. Dezember
Heute wurde wieder gearbeitet. Ich verlegte
Bleikabel, mit fünf Mann (25 Meter und sechs Lötstellen).
Donnerstag, 27. Dezember
Mußte heute mit zwei Mann im Abschnitt des
Regimentes C, zwischen Barenton sur Serre und Chalandry, die Kabelgräben
ausmessen.
Freitag, 28. Dezember
War auch heute wieder im Abschnitt C und maß
die Kabelgräben. Da starker Wind und eine empfindliche Kälte herrschten, war es
keine angenehme Arbeit.
Sonnabend, 29. Dezember
Verlegte Bleikabel bei Barenton Cel.
Sonntag, 30. Dezember
Vormittags war Appell.
Nachmittags war ich mit Albrecht, Tepper und
Walb nach Cressy, wollten zum Kino. Da aber keine Nachmittagsvorstellung mehr
stattfindet und wir nicht bis zum Abend warten wollten, tranken wir in der
Kantine vom Generalkommando einige Glas Bier und machten uns dann auf den
Heimweg nach Mortiers.
Montag, 31. Dezember
Hatte heute dienstfrei und blieb in Mortiers.
Abends gab es pro Mann circa 4/10 Liter
Rum. Ich kaufte eine Flasche Rotwein, die sechs Mann von meinem Trupp zusammen auch
noch zwei Flaschen und dann brauten wir uns einen Grog, der gerade von 11:00 –
12:00 Uhr reichte. Bei Anbruch des neuen Jahres gab es dann Glühwein, der dann
auch noch bei einigen ziemlich zu Kopfe stieg. 3:00 Uhr war es, als wir endlich
zur Ruhe gingen.
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